Ich erwache aus einem Traum. Auch wenn die letzten Bilder schon verblassen, bleibt das Gefühl, dieses letzte Gefühl, bestehen. Die Verzweiflung, einem lieben Menschen weh zu tun, und doch nicht mehr zu wissen warum, gräbt sich tief in meinen Bauch. Es fühlt sich an wie ein Loch im Inneren, das sich schneller und schneller um sich selbst dreht. Der dadurch entstehende Sog scheint mein Inneres auffressen zu wollen. Wie gern möchte ich einen Moment an den letzten schönen Bildern festhalten. Daran, das ich weiss, das ich ihn liebe, das es mir das Herz bricht, nicht ich selbst sein zu können. Doch was sich davor schiebt ist immer das allerletzte Bild. Der Blick, der sagt, dass er das alles weiss, und nicht helfen kann. Oder will.
Es ist zum Haare raufen. Gerade eben hatte ich doch noch das Gefühl, alles wieder gerade biegen zu können. Ich hätte uns retten können, wenn nicht… ja wenn nicht der Wecker geklingelt hätte.
Ich schliesse meinen Augen um die letzte Szene noch einmal wach zu rufen. Wie ich ihn verhalten und unterkühlt behandle, versuche ihn zu bestrafen. Und dann seine Antwort. Sie verrauscht im Nebel des Traums. Es sind wenige Worte, mit denen er mein Herz wieder öffnet. Ich bin machtlos dagegen. Mit beiden Händen greife ich seinen Hemdkragen und ziehe ihn auseinander. Wie früher lehne ich meine Stirn an die frei werdende Brust. Als mir bewusst wird was ich tue, kann ich das darauf folgende, hilflose Stöhnen nicht mehr zurück halten. Einen Wimpernschlag lang spüre ich sein zögern und dann ist es vorbei. So wie der erste Frost, der im Herbst scheinbar unerwartet kommt, schliessen wir beide unsere Herzen. Die Kälte zwischen uns wächst und wächst. Ich lasse ihn los und trete zurück. Mein betont gefühlloser Blick kann seinem Abweisenden standhalten. Die Grenzen sind gesetzt. Ab jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Den Rest will ich gar nicht sehen. Ich öffne die Augen und hänge dem Ganzen nach. Ich vermisse dieses Gefühl, das mich erfüllte, als ich mich anlehnte. Es erinnert an die schönen Zeiten. Wie glücklich wir damals waren! Es sind Erinnerungen an ein vergangenes Leben, verlebte Gefühle und verblasste Wünsche. Solange ich die Erinnerungen nicht gehen lasse, kann ich so tun, als wäre alles noch da. Als gäbe es einen Weg dorthin zurück. Doch je länger ich liegen bleibe, desto mehr verschwinden sie. Und mit ihnen dieses Gefühl. Mit der Rückkehr zur Realität wird mir klar, dass es nicht meine Erinnerungen waren. Es waren nicht meine Gefühle und auch nicht mein Leben.
Ich setzte mich auf und öffne das Fenster. Vielleicht könnte es ja mein Leben werden. Auch wenn der Traum verblasst und damit die Intensität der Gefühle, etwas bleibt: der Wunsch jemanden so lieben zu können.
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