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Channel: LucyAnn Werk
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Das Karma und die Fernbedienung (überarbeitet)

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Einige Details sind in der Erstversion leider der Kürze zum Opfer gefallen.
Hier eine etwas längere und auch bösere Version, ich hoffe, der Unterhaltungswert ist gegeben. Was findet ihr?

Endlich Freitag. Christoph freute sich auf das bevorstehende Wochenende. Er wollte Zeit mit seinen Kumpels verbringen: Eine zünftige Männerrunde, wie früher. Sie hatten alle das gleiche Hobby: Modellbau. Und seine neueste Errungenschaft wartete darauf, vorgeführt zu werden. Ein roter Mustang im Maßstab 1:30. Der Motor war selbst gebaut und der Flitzer natürlich aufgemotzt.

 

Gut gelaunt bog er in die Einfahrt. Per Knopfdruck öffnete sich das Garagentor und er fuhr seinen Audi langsam hinein. Dieses silberne Schmuckstück war seine zweite Leidenschaft. Vor gut einem Jahr hatte er es sich endlich leisten können. Wie üblich ließ er den Schlüssel stecken. Normalerweise parkte er den Wagen immer im ersten Gang, um die Bremsen zu schonen. Dass er es heute vergaß, merkte er nicht.

 

Voller Vorfreude lief er in die Wohnung. Doch schon im Flur erwartete ihn eine böse Überraschung. Auf dem Schuhschrank lag eine Fernbedienung. Seine Fernbedienung für das neue Auto. Oh, dieser Junge!, dachte er. Wie gern würde er jetzt, wie Homer Simpson seinen Sohn Bart, sein Kind einfach packen, schütteln und würgen. Doch anders als im Zeichentrick, würde seine Frau da wohl nicht tatenlos danebenstehen. Eine erneute Welle der Wut erfasste ihn. Jetzt gerade war sie so groß, dass er einen Augenblick überlegte, beide zu würgen; den Bengel für seine Ignoranz und seine Frau für ihre fehlende Unterstützung.

 

„Zeig ihm doch, wie es geht!“, hört er sie sagen. „Dann wird er es auch verstehen.“ In seinem Kopf entsteht das Bild seiner Frau mit einer Sprechblase darüber, in der steht “blabla, blabla bla…”

 

Als ob es beim Respekt vor dem Besitz anderer so unheimlich viel zu lernen gab. Man hatte es und basta!

 

Aufgebracht rief er nach Beiden, schrie ihre Namen durchs Haus. Doch er bekam keine Antwort. Die Fernbedienung schnappend, rannte er zur Treppe und stürmte nach oben.

 

In seinem Hobbyraum angekommen führte der erste Weg direkt zur Vitrine. Sie war verschlosse, und seine Wut verflog etwas. Immer noch heftig atmend nahm er den Mustang langsam aus dem Schrank, drehte ihn vorsichtig um und schaltete ihn an. Ein leichtes Vibrieren war zu spüren und er atmete laut aus. Dann stellte er das Auto auf den Boden und drückte auf die Fernbedienung. Nichts passierte. Die Wut bahnte sich rot glühender Lava gleich bereits erneut ihren Weg. Er probierte es wieder und wieder. „Das kann doch nicht wahr sein!“, brüllte er. Haareraufend rannte er durchs Haus.

 

Seine Frau kam gerade mit Einkaufstaschen von draußen rein. Mit wenigen Schritten stand er schnaubend wie ein Bulle vor ihr. Seine Augen funkelten böse. „Dieses Kind!“ schnauzte er sie an. „Ich glaube es nicht!“

 

Seine Frau schaute ihn fragend an. Er zeigte ihr die Fernbedienung und wedelte damit nah vor ihrem Gesicht herum. „Du weißt, wie ich es hasse, wenn er an meine Sachen geht!“

 

Der abschätzige Blick seiner Frau stand seiner Wut in nichts nach. Ihre kalte Ausstrahlung schien seinem Feuer ebenbürtig zu sein.

„Ich sage es ja ungern, Schatz“ Die frühere Liebkosung klang eher, als würde sie damit Hundekot meinen, den sich die holde Gattin gerade von ihrem Schuh abkratzte. Und die Art, wie sie Luft holte, kündigte die nächsten schweren Geschütze an. Dieser sich angreiferisch hoch ziehende Mundwinkel, der ihr Gesicht aussehen liess wie eine Ameise auf dem Weg in einen Kampfrausch, kannte er gut. „Vielleicht solltest du deine Brille endlich mal aufsetzen.“ Donnerte sie mit Eisesstimme los. „Du hast die Fernbedienung für das Garagentor in der Hand. Und weil du vergessen hast, den Gang einzulegen, ist dein Schmuckstück zurück gerollt und hat jetzt ein paar zusätzliche Dellen. Ganz zu schweigen davon, dass nun auch das Tor kaputt ist.“

Sie kam, sah und siegte. Einer Königin gleich schritt sie erhabenen Hauptes an ihrem verdattert drein schauen Gatten vorbei, trat auf ein herum liegendes Spielzeug und stiess sich böse das Steissbein, als ihr hintern auf den von ihr gewünschten teuren Marmorplatten aufschlug.


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