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Channel: LucyAnn Werk
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Wurzeln

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Manchmal möchte ich meine, meinen Prota schütteln. So richtig. Weil er oder sie mal wieder die falsche Entscheidung trifft. Das Falsche sagt, oder noch schlimmer, gar nichts sagt. Und dabei auch noch eine Körperhaltung an den Tag legt, die genau das bewirkt: dass man ihn oder sie so richtig durchschütteln will. Dass man denjenigen anschreien will: „Sag doch endlich mal das richtige! Wehr dich, verdammt! Oder geh einfach. Fang irgendwo neu an. Kein Neustart kann so viel kosten, wie das hier. Weil diese devote Haltung nicht nur der Person sondern auch dem Leben gegenüber am Ende teurer ist als jeder Neustart.“

Weil jedesmal, wenn man sich unterwirft, obwohl es weder richtig, noch angemessen ist, man jeden kleinen Riss spürt, der in diesem Moment die Seele aufreisst. Wie Wurzeln eines Baumes wachsen sie tief in die Seele und verzweigen sich mehr und mehr. Sie durchsetzen die Seele, machen sie mürbe und empfindlich. So lange, bis ein Federstreich ausreicht. Bis eine Winzigkeit genügt, um die Seele zu sprengen. Sie bricht nicht einfach, sie zersplittert in abertausend nicht wieder zusammensetzbarer Teile. Jedes Knacken, jeder weitere Bruch, jedes losgelöste Stück gebiert Wellen, die die Zerstörung weiter vorantreiben. Die Seele zerbirst unwiederbringbar, wird nicht wieder zu reparieren sein.

Und deshalb will ich schütteln und schreien und manchmal vielleicht auch schlagen und schubsen. Bis ich mich erinnere, das Seelen keine Zeit kennen und auch wenn die Zeit nie wirklich heilt, so gibt sie uns die Möglichkeit, in Ruhe zu heilen. Sie gibt uns die Möglichkeit alle Zeit darauf zu verwenden, und alle Teile zu finden, egal, wie weit sie verstreut wurden.


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