Manchmal lese ich alte Sachen und weiss im ersten Moment nicht mehr, dass ich das wirklich geschrieben habe. Die meisten davon gehören dringend überarbeitet
Ich hoffe, mein „Update“ gefällt euch. Bitte schreibt doch in die Kommentare, ob es mir gelungen ist.
Der Traum
Im Traum sehe ich kleine blaue Funken. Sie züngeln federleicht und tanzen an den Stellen, die er gerade noch berührt hat. Die Haut darunter glitzert als wäre sie mit abertausenden winzigen Strasssteinen überzogen und kribbelt dabei warm.
Im Traum versinke ich in seinen Augen, sehe all die Bilder, all die Erinnerungen, die er sieht, wie einen Film vor mir: Das verhaltene Lächeln an unserem ersten Treffen, der verschmitzte Blick nach dem ersten Kuss und die unendlich scheinende Nähe, nachdem wir uns geliebt hatten. Die Sicherheit, dass wir, dass unsere Gefühle füreinander endlos sind, dass wir für immer wir sind, tief verwobene Seelen, die im gleichen Rhythmus pulsieren.
Im Traum tanzen wir. Jedes Mal. Und es beginnt immer gleich.
Ich sehe mich Schritt für Schritt auf ihn zugehen. Mein zierlicher Fuss setzt zuerst zart mit den Zehen auf und rollt dann einer Ballerina gleich sanft ab. Er breitet die Arme aus, damit ich hineingleiten kann.
Mein linker Arm legt sich auf seinen rechten, als würde genau dorthin gehören, und nirgends anders. Seine Hand gleitet liebevoll unter meinen Arm, fängt ihn auf, als wäre er eine Feder, und legt sich sanft auf mein Schulterblatt. Sein Blick gleicht einem zarten Streicheln, er liebkost er meine Schultern, den Hals und dann mein Gesicht.
Diese Umarmung ist unsere Welt. Er schaut mir neckend in die Augen. Ein immer wiederkehrendes Ritual, unser Vorspiel auf dem Parkett und doch kann ich es kaum erwarten. Seine linke Hand fährt langsam an meinem rechten Arm nach unten. Da sind sie wieder, diese kleinen blauen Zungen. Meine Haut dürstet danach. Wie ein Schwamm das Wasser saugt sie sie auf und das Glitzern verstärkt sich, pulsiert und sendet sichtbare Wellen über jeden Zentimeter meines Körpers. Die Ausläufer werden schwächer, je weiter sie sich vom Ursprung entfernen.
Als seine Hand meine erreicht, nimmt er sie ganz leicht und führt sie nach oben. Es ist wie ein Startsignal und wir reagieren gleich. Die Füsse bewegen sich gleichzeitig zum Takt. Die Musik trägt uns durch den Moment und aus der Zeit. Ich lasse ihm die Führung, folge ihm leichtfüssig und wiege mich an ihm zur Melodie. Das hätte ich früher nie getan, aber im Traum ist das anders.
Er dreht mich immer wieder. Rechts herum, links herum, wie es ihm gefällt. Und dass es ihm gefällt, sehe ich genau. Es ist dieses zufriedene, glückliche Lächeln, das ich nie wieder vergessen will. Es berührt mich bis ins Innerste. Nach jeder Drehung suche ich seinen Blick. Nach jeder Drehung ist er da und ich fliege zurück in seine Arme. Wir tanzen im gleichen Takt während bunte Lichtkegel um unsere Beine streifen.
Dann nimmt er meinen rechten Arm, legt ihn mir auf den Rücken und ergreift meine Hand mit seiner Rechten. Das ist mein Lieblingsteil.
Unsere Schritte sind im Einklang. Ich warte auf sein Zeichen. Er spürt es genau. Die Spannung in der Hand auf dem Rücken erhöht sich mit jeder Strophe etwas mehr, sie tastet nach dem ersten Impuls, der die Erlösung bringt. Und er zögert es hinaus. Noch ein bisschen mehr. Doch dann geht es los. Meine Hüfte bekommt einen sanften Stoss für die Drehung während er meinen rechten Arm aus der Drehung heraus nach oben nimmt für eine weitere Drehung. Ich drehe mich zwei Mal um mich selbst, und dann noch einmal in entgegengesetzter Richtung. Ich schwebe, meine Umgebung verschwimmt und ich verliere fast das Gleichgewicht. Ich fühle mich wie eine Prinzessin die im Kreis der weit angereisten Nachbarn mit ihren Prinzen durch den Ballsaal gleitet. Dann der letzte Schwung um endlich wieder in seine Augen schauen zu können. Doch da ist nichts. Keine bunten Lichtkegel, keine liebevollen Augen und keine Hand die mich hält. Der Boden öffnet sich unter mir und reisst mich in ein nicht enden wollendes Loch. Die Dunkelheit ertränkt mich und raubt mir den Atem. Ich bin auf einen Schlag hell wach. Die Hand, die suchend in das Bett neben mir greift, findet nur Leere. Ich werde nie wieder mit ihm tanzen können und wünsche mir einen Augenblick die schmerzlose Schwärze zurück.